Punkte eingestellt, Erfahrung gewonnen

Neun Tage Lichtenberger Sommer sind vorbei, ich sitze im ICE nach Leipzig, Zeit ein Fazit zu ziehen. Für mich war es schön, ein Turnier in der alten Heimat zu spielen, alte Weggefährten zu treffen, Familie zu besuchen und Kindheitsplätze aufzusuchen. Das Turnier war hart, 240 Teilnehmer, davon über 60 hungrige Jugendliche, die teils deutlich unterbewertet waren. Wie heißt es so schön: „Nur die Harten kommen in den Garten“.

Die Trabrennbahn

Ein Trabrennbahn ist für ein Schachturnier natürlich ein ungewöhnlicher Austragungsort. Der Turniersaal war groß genug und auch das Turnierareal war zweckmäßig. Als „Analyseraum“ dienten die Außensitze bzw. der Biergarten des Imbisses, bei schönem Wetter ideal, bei schlechtem Wetter leider unbrauchbar.

Besonders an den hinteren Brettern wurde es doch etwas eng. Als Linkshänder musste ich oft mit querliegendem Formular aufschreiben. Der „Trick“ das Formular unter das Brett zu schieben, funktionierte nicht, da fast überall Holzbretter und Holzfiguren verwendet wurden. Die Halle ist anfällig für das Blenden durch die tief stehende Nachmittags- und Abendsonne. Aber das ist alles Jammern auf hohem Niveau. Manches lässt sich leider nicht anders einrichten.

Schlimm waren die Ansagen über Mikrofon, die waren für die meisten unverständlich, verrauscht, zu leise, klirrend. Für das nächste Turnier empfiehlt sich die Verwendeung einer entsprechend großen Soundox.

Die Verpflegung am Imbiss war spitze und die Preise zivil. Ein großes Bier, natürlich nur nach der Partie, kostete 4,00 €, Kaffee je nach Größe 1,80 €, 2,00 € oder 2,20 €, Tagessuppe 6,50 €, Nackensteack, Bratwurst oder Bulette waren auch erschwinglich. Die Bedienungen waren nett und gut aufgelegt.

Das Turnier aus meiner Sicht

Vier Siege, ein Remis und vier Niederlagen – 50% das Minimalziel wurde erreicht. Zwei Siege gegen schwächere Gegner brachten keine neuen Erkenntnisse, da die Gegner in Runde 1 und Runde 5 (Hier profitierte ich von einem Tipp von John Heinrich) zu früh Fehler machten.

Auch in der vierten Runde war es ein Bock des Gegners, der mir den Sieg bescherte. Hier spielte ich aber vernünftig in einer mir unbekannten Variante und ergriff die Chance, als sie da war. In der letzen Runde gelang es mir, kleine Fehler meines Gegners auszunutzen und so einen Sieg fast aus einem Guss zu erzielen.

In der zweiten Runde spielte ich eine ordentliche Eröffnung, panikte dann aber, weil ich nicht alle meine Möglichkeiten überprüfte und verlor kurzzügig. Gegen einen jungen Mann, kämpfte ich mich in der dritten Runde aus schlechter Eröffnung zurück, um dann, als sich die Chance bot, den Sack nicht zuzumachen.

Die dritte Niederlage war die niederdrückendste. Aus einer vermasselten Eröffnung heraus kämpfte ich über sechzig Züge lang nur um dann doch zu verlieren. Die achte Runde war vielleicht die interessanteste Partie. Ich bereitete eine Eröffnungsüberraschung vor, die gut funktionierte. Leider überschätzte ich den generischen Angriff und sah nicht alle Verteidigungsresourcen.

Das Remis in der siebten Runde entsprang einem Kurzschluss, der mich dazu bewog das Blackmar-Diemer-Gambit zu spielen. Zwischenzeitlich hatte ich zwei Figuren geopfert. Zum Glück sah mein Gegner die Wiederlegung nicht und es wurde Dauerschach.

Ich werde ca 2 Elo-Punkte und 28 DWZ-Punkte verlieren. Der Lerneffekt, der hoffentlich eintritt, lässt diesen Verlust klein erscheinen.

Alles Wissenswerte hier

Berlin ist immer eine Reise wert

Ich besuchte die Familie, traf Freunde, sah mir viele Spots meiner Kinheit an und deckte auch kulinarisch eine große Bandbreite ab. Hoffentlich passt das Turnier im nächsten Jahr in meine Terminplanung.




Sieg zum Schluss, das Turnier ein Genuss

Heute kommt spät der Bericht über die beiden abschließenden Runden. Heute startete die letzte Runde schon um 11.00 Uhr, da war keine Zeit für einen Artikel. Gestern verlor ich in einer interessanten Partie, in der ich zum Schluss keine klaren Bilder mehr gesehen habe, sonst hätte das Ergebnis auch andersherum lauten können. Heute gewann ich die letzte Partie und kann so morgen mit einem versöhnlichen Gefühl nach Hause fahren.

Konzentriert in der siebten Runde (Foto: Peter Weiß – Friesen Lichtenberg)

Runde 8 – Angst fressen Seele auf

Der Gegner spielte 1. e4 und gegen Sizilianisch schon zweimal die Alapin-Variante. Darauf baute ich. Meine Vorbereitung kam aufs Brett. Nach dem 20. Zug wird die Partie ein Fehlerfestival.

Runde 9 – Versöhnlicher Abschluss

Caro-Kann war klar, ich entschied am Brett, welche Variante ich spiele. Ein paar Ungenauigkeiten von Schwarz halfen mir zum ABschluss den vollen Punkt einzufahren.

Hier findet ihr noch mehr tolle Fotos: Galerie Lichtenberger Sommer

Endstand




Surprise, Surprise – wenn zwei sich überraschen

Mein junger Gegner (Jahrgang 2011) spielte im Turnierverlauf zweimal Französisch, jeweils die Winawer-Variante. Also schaute ich mir die Winawer-Variante an und bereitete dort, so hoffte ich, eine Überraschung vor. Aber mein Gegner beantwortete 1. e4 mit 1. .. d5 – Skandinavisch. Ich sah überrascht auf und er sah micht erwartungsvoll lächelnd an. Dann brannten meine Sicherungen durch, seht selbst:

Alles zum Turnier




67 Züge Leiden – wieder auf dem Boden der Tatsachen

Diesmal bereitete ich mich selber vor – und es ging schief. Im frühen Partiestadium spielte mein Gegner einen Zug, den ich erst später erwartete, die vorbereitete Reaktion war noch nicht möglich. Nach sieben Zügen hatte ich einen Bauern weniger und eine schlechte Stellung. Ich wollte kämpfen, um wenigstens den zwanzigsten Zug zu erreichen. Nach dem ich letzte Runde der Erste war, der die Partie beendete, war ich diesmal der Letzte gegen 22:00 Uhr gratulierte ich meinem Gegner nach 68 Zügen zum Sieg.




Mit Schottisch zum Erfolg

Von meinem Gegner in der fünften Runde waren wieder einmal nur die Partien aus dem Turnier verfügbar. Ich überlegte sogar, ob ich es auf 1.d4-Terrain wage, um gegen seine Variante anzutreten. Den entscheidenden Tipp erhielt ich dann aus dem Erzgebirge. John Heinrich empfahl mir es mit dem Schottischen Gambit zu versuchen.

Hotline ins Erzgebirge

In der Partie ging dann alles ganz schnell. Turnierdaten bei chess-results




Heimatkiez, wie haste dir verändat

Da von meinem Gegner nicht viel zu finden war, außer dass er wahrscheinlich 1.e4 spielt, Evidenz eine Caro-Kann-Partie in diesem Turnier, beschloss ich die Plätze meiner Kindheit aufzusuchen. Ich besuchte meinen Kindergarten, den ich vor genau 50 Jahren verlassen hatte, die Schule in die ich eingeschult wurde und verschiedene andere Plätze mit schönen Kindheitserinnerungen.

Vielleicht inspirierte mich der abschließende Besuch des „Stierbrunnens“ für meine Partie. Ich landetete in der Vorbereitung meines Gegners. Als er sich nicht mehr erinnern konnte griff er fehl und stellte die Partie instant ein.

Das gab mir Zeit einige Turnierimpressionen einzufangen. Daten bei Chess-Results.




Schachgefühl abhanden gekommen

Runde drei hielt für mich einen Elo-losen, 23-jährigen Gegner (DWZ 1498) bereit, der aber in der ersten Runde gegen Matthias Remis gespielt hatte und auch in der zweiten Runde gegen einen 1800er remisiert hatte. Vorbereitung war unmöglich, da es von ihm nichts zu finden gab.

Die Eröffnung spielte ich zu schematisch und musste bald um das Überleben kämpfen, das gelang knapp mit einem Minusbauern. Dann stellte ich ihm eine Falle, in die er prompt hineintappte, aber ich zog die Schlinge nicht zu, sondern landete durch einen Fingerfehler in einer komplett verlorenen Stellung, in der es dann keine Rettung mehr gab.

Auf der Heimfahrt plauderte ich nett mit einem Schachfreund von Empor Berlin. Wir klagten uns gegenseitig unser Leid, zeigten uns unsere Partien. In der Unterkunft angekommen, stellte ich fest, dass genau dieser Spieler mein Gegner in der vierten Runde ist. Es versteht sich von selbst, dass von ihm kaum etwas zu finden ist – genau eine Weißpartie von 2017 und die drei beim Lichtenberger Sommer veröffentlichten Partien.




Lichtenberger Sommer – startet mit Regenwetter

230 Schachfreunde trafen sich gestern zur ersten Runde des Lichtenberger Sommers. Das Berliner Wetter wartete zwischenzeitlich mit einigen Kapriolen auf, den größten Guss gab es aber während der Runde. Seit langer Zeit spiele ich mal wieder ein Turnier in Berlin, meiner alten Heimat, mit. Aber auch andere Teilnehmer sind bei uns in Markneukirchen bekannt. Matthias Pröschild und Mathilda Bächle, die wir von ihren Teilnahmen am Osterblitz kennen, und Jörg Wulff, der schon unsere Stadtmeisterschaft und auch das Osterblitz mitspielte.

Das Turnier findet auf der Trabrennbahn Karlshorst statt. Der Turniersaal ist der der Saal unter der Haupttribüne, wo sonst die Zocker ihre Wetten patzieren und mitfiebern, ob ihre Pferde gewinnen. Auf dem Fußweg vom S-Bahnhof Karlshorst zum Wettkampfort bekommt man die Anmutung eines lost Places. Der Eingang der Trabrennbahn beschmiert mit Graffiti und teilweise zugewuchert, verbogene Fahnenstangen und auch im Gelände versucht die Wildnis Oberhand zu gewinnen. Aber hier finden immer noch Renntage statt, es werden Pferde trainiert und der Imbiss funktioniert tadellos.

Nach einer kleinen organisatorischen Panne, die erste Runde musste noch einmal ausgelost werden, starteten die Spiele. Leider war ich noch knapp in der ersten Hälfte, so hatte mein Gegner ein Rating von 1239. Nachdem ein Springer kein Rückzugsfeld mehr hatte, war ich schnell eine Figur vorne. Kurze Zeit später ließ er einen Turm ungedeckt stehen, als dieser geschlagen wurde, gab er auf. So hatte ich Zeit ein paar Fotos vom Turniersaal und Spielern zu machen.

Ergebnisse der ersten Runde

Kurz nach der ersten RUnde wurden alle Partien digitalisiert und bereit gestellt.

Partien der ersten Runde